Dirty Harry
Dirty Harry
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EINREICHUNG Nr. 529
Die Baugenossenschaft PointCommun konnte auf einem Grundstück der Stiftung Habitat im Lysbüchel ein Haus im Baurecht erstellen. Die Charakteristik des Gebäudes mit den elf Wohnungen wird durch die im Inneren befindliche Treppe betont, welche die strukturelle Logik von innen nach aussen zum Ausdruck bringt. In den beidseitig orientierten Wohnungen ermöglichen Schalträume auf jeder Etage eine flexible Mischung von Wohnungen während der gesamten Lebensdauer des Gebäudes. Die konstruktiv herausfordernde nichttragende Lehmsteinfassade leistet nachhaltige Ziele und ein selbstregulierendes Innenklima. Gemeinsam genutzte Räume wie die Gemeinschaftsküche, das Gästezimmer und die Reduits sind im gesamten Gebäude verteilt um die Kommunikation und die Wohnqualität zu verbessern und die beschränkte individuelle Wohnfläche zu erweitern. Die ästhetische Qualität, kombiniert mit geringen Mietkosten, ist das Ergebnis der reduzierten Materialität und räumlichen Einfachheit des Gebäudes selbst.
Texte Davos Kriterien (Selbstevaluation)
Gouvernanz
Wir als junge Architekten waren als Initiator, Bauherr, Planer und zukünftige Bewohner des Projekts involviert. Zusammen mit sieben Freunden gründeten wir unsere eigene Baugenossenschaft, ohne jegliche Erfahrung und Wissen auf diesem Gebiet. Jeder von uns hat sich aktiv an der Entwicklung beteiligt und wurde Experte in einem bestimmten Bereich. Trotz allen Herausforderungen leben wir nach vier Jahren Projektarbeit alle freudig im selben Gebäude.
Funktionalität
Dirty Harry nutzt 98% seiner Innen- und Aussenflächen. Im Grundriss gibt es keine Gangflächen und die Schaltzimmer ermöglichen eine flexible Nutzung über die Jahrzehnte hinweg. Die reduzierten Wohnungsgrössen in Verbindung mit grosszügigen Gemeinschaftsbereichen und gemeinsamen Reduits bilden eine kontrastreiche Mischung, wie man im 21. Jahrhundert zusammenlebt. Ästhetisch Funktionalität = kein schnick schnack. Die konstruktiven Elemente des Hauses sind in ihren nackten Form zelebriert.
Umwelt
Das Projekt folgt den Ausschlusskriterien Mingergie-ECO auf jeder Ebene und wurde von einer Baubiologin aktiv begleitet. Um eine Stampflehmfassade zu erstellen, mussten deren Konstruktion auf eine effizienteste Grösse reduziert werden um nicht zu massiv zu werden und genügen Wohnfläche anbieten zu können. Die Innenwände und Türen sind aus heimischem Holz gefertigt, einschliesslich ihrer inneren Konstruktion.
Wirtschaft
Das Hauptwirtschaftsziel des Projekts bestand darin, mit einer (derzeit) teuren und nachhaltigen Erdbaukonstruktion bauen zu können, die in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt genutzt werden konnte. Gleichzeitig sollte die hohe Handwerkskunst eine andere Ästhetik des bezahlbaren Wohnens widerspiegeln, wie wir sie heute erleben. Das Projekt erfüllt gleichzeitig die Mietempfehlungen des Zürcher Mietzinsindex hinsichtlich bezahlbaren Wohnens.
Vielfalt
Das Haus bietet Vielfalt auf der Ebene flexibler Apartmenträume, die zwischen 2,5 und 4,5 Zimmerwohnungen variieren. Der Wohnungsmix kann in den kommenden Jahren dank einem Schaltzimmer je nach Wunsch verändert werden. Die Gemeinschaftsräume ermöglichen es den Menschen, sich überall im Haus zu treffen. In der Gemeinschaftsküche beim Marmeladekochen, auf der Dachterrasse für ein Grilltreffen oder im Treppenhaus beim Durchsuchen der gemeinsam genutzten Reduit-Räume nach einer Fahrradluftpumpe.
Kontext
Die Idee einer mineralischen Konstruktion folgt dem Konstruktionsweise des St. Johann Quartiers. Die meisten Gründerzeit-Häuser haben eine Ziegelkonstruktion und sind heute noch ein wichtiger Identitätsstifter im Quartier. Dirty Harry setzt diese Ideen auf ästhetische und konstruktive Weise um, und führt St Johann ins Neue Lysbüchel weiter, um in der Ära der beliebigen Bauweisen Stand zu halten.
Genius Loci
Harry`s Ziel: Die derzeitige Baumode ist ein Rausch aus Gleichheit ohne festen Stil. So ist eine der groben Fehlleistungen in Sachen Architektur der um sich greifende Gestaltverzicht, der in der sogenannten "bescheidenen Architektur" einzige Langeweile erzeugt. Seit die "postmoderne Architektur" existiert, tragen die Architekturmoden immer kürzere Ablaufdaten. Aktualitätsbezug ist notwendig, Qualitätsbezug jedoch unabdingbar. Architektur muss länger Bestand haben als publizierte Modeware.
Schönheit
"Ein Plädoyer für die Schönheit:
Ich glaube, die einzige Moral, die uns bleibt, ist die Schönheit. Und es bleibt uns eben nur die Schönheit der Sprache, die Schönheit als solche. Ohne die Schönheit würde es sich nicht mehr lohnen zu leben. Also Bewahren wir diese Schönheit, auch wenns nicht moralisch ist. Aber ich glaube eben, dass Schönheit die einzige Moral ist." Bernard - Marie Koltés Interview: Spiegel. 1989
Eigenschaften
Ort
BASEL
Baukategorie (SIA 102)
Wohnen
Art der Aufgabe
Neubau
Art des Verfahrens
Direktauftrag
Baukosten in CHF (SIA 416)
3.79
Geschossfläche in m² (SIA 416)
Planung
2018 → 2021
Fertigstellung
2020 → 2022
Inbetriebnahme
2022
Projektbeteiligte
Bauherrschaft
Point Commun
Bauingenieurwesen
Berchtold Tosoni AG
Fotografie
Daisuke Hirabayashi
Baubiologie
Jehle Partner
Stahlbau
w luethi
Betonbau
Knecht AG